Emotionale Freiheit in Beziehungen.
Was bedeutet das wirklich?
Autor:
Alexander Mereien
Paar- und Sexualtherapeut
Gründer von Relatao.de
Beitrag erstellt:
Emotionale Freiheit in Beziehungen – was bedeutet das wirklich? Geht es nur darum, keine Einschränkungen zu spüren, oder steckt da mehr dahinter? In meiner Arbeit als Paartherapeut habe ich oft erlebt, dass emotionale Freiheit nicht einfach das Fehlen von Konflikten bedeutet, sondern die Fähigkeit, sich selbst und den Partner authentisch und offen zu erleben. Doch was passiert, wenn wir getriggert werden? Bedeutet emotionale Freiheit, dass man über all diese emotionalen Reaktionen hinwegkommt und die Dinge nur noch mit einem buddhistischen Gleichmut betrachtet? Die Antwort ist nicht so einfach.
“Freiheit in Beziehungen ist nicht nur die Abwesenheit von Zwängen, sondern die Präsenz von Verbundenheit und Vertrauen.” – Ulrich Clement
Was ist emotionale Freiheit?
Emotionale Freiheit in einer Beziehung bedeutet die Möglichkeit, Gefühle offen auszudrücken, ohne Angst vor Verurteilung oder Zurückweisung. Es ist die Freiheit, sich in seiner ganzen emotionalen Bandbreite zu zeigen – in Momenten der Freude ebenso wie in Momenten der Schwäche. Diese Form der Freiheit entsteht nicht von heute auf morgen; sie wächst aus Vertrauen und Offenheit zwischen den Partnern.
Ein Paar, das ich betreut habe, zeigte mir deutlich, wie stark sich mangelnde emotionale Freiheit auf eine Beziehung auswirken kann. Die Frau, eine sehr emotionale Person, fühlte sich oft missverstanden und zurückgewiesen, wenn sie ihre Unsicherheiten äußerte. Der Mann hingegen reagierte häufig defensiv, wenn sie ihre Gefühle teilte, weil er dachte, er sei verantwortlich für ihre negativen Emotionen. Sie fühlten sich beide in ihren emotionalen Ausdrücken gefangen, weil sie glaubten, ihre Gefühle nicht sicher miteinander teilen zu können.
Emotionale Freiheit bedeutet nicht, dass es keine schwierigen Emotionen gibt. Im Gegenteil, es gibt Raum für all diese Emotionen, ohne dass einer der Partner sich dafür schuldig fühlt oder den Drang verspürt, sie „reparieren“ zu müssen.
Bedeutet das, nie mehr getriggert zu werden?
Häufig wird emotionale Freiheit mit dem Ideal verwechselt, dass man in einer Beziehung nicht mehr getriggert wird. Viele Menschen streben nach einem Zustand, in dem sie jede Situation gelassen und mit Gleichmut annehmen können, ähnlich wie es in buddhistischen Lehren angestrebt wird. Doch emotionale Freiheit bedeutet nicht, dass du nie wieder von äußeren Ereignissen emotional berührt wirst. Es geht vielmehr darum, wie du mit diesen emotionalen Auslösern umgehst.
Emotionale Freiheit bedeutet, dass du dir deiner Trigger bewusst wirst und lernst, achtsam auf deine Reaktionen zu schauen. Statt dich von deinen Emotionen überwältigen zu lassen, kannst du sie in einem offenen und bewussten Dialog mit deinem Partner besprechen. Es ist ein Prozess des Wachstums und der Selbstreflexion, in dem beide Partner lernen, sich gegenseitig emotionalen Raum zu geben.
Emotionale Freiheit ist keine Form der emotionalen Abstumpfung. Es geht nicht darum, dass man alles, was um einen herum passiert, emotionslos beobachtet. Es bedeutet, dass man sich seiner Emotionen bewusst ist, ohne von ihnen kontrolliert zu werden. Emotionale Freiheit ist die Fähigkeit, sich in den eigenen Reaktionen nicht zu verlieren, sondern mit Bewusstsein und Empathie zu handeln.
Dimensionen der emotionalen Freiheit
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Sich verletzlich zeigen können
Emotionale Freiheit bedeutet, sich dem Partner gegenüber öffnen zu können, ohne Angst zu haben, als „schwach“ oder „unangemessen“ angesehen zu werden. Ein Partner sollte in der Lage sein, Gefühle wie Trauer, Angst oder Unsicherheit zu teilen, ohne dass dies als Bedrohung für die Beziehung wahrgenommen wird. -
Ehrlichkeit in emotionalen Bedürfnissen
Es ist oft nicht einfach, die eigenen Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Viele Menschen haben Angst, als „zu fordernd“ wahrgenommen zu werden, und unterdrücken deshalb ihre eigenen Wünsche. Emotionale Freiheit bedeutet, klar und offen zu sagen, was man braucht – sei es emotionale Unterstützung, mehr Nähe oder auch mehr Raum. -
Den Triggern begegnen
Emotionale Freiheit bedeutet nicht, dass man niemals getriggert wird, sondern dass man in der Lage ist, den eigenen Reaktionen bewusst zu begegnen. Ein Partner, der emotionale Freiheit lebt, wird nicht versuchen, Trigger zu vermeiden, sondern sie als Chance für persönliches Wachstum sehen. -
Authentizität
In einer Beziehung, die auf emotionaler Freiheit basiert, gibt es keinen Raum für Masken. Beide Partner fühlen sich sicher genug, um authentisch zu sein, ohne das Gefühl, eine Rolle spielen zu müssen, um den anderen zufriedenzustellen.
Was kannst du dafür tun?
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Vertrauen aufbauen
Ohne Vertrauen kann keine emotionale Freiheit entstehen. Es ist wichtig, dass beide Partner sich sicher fühlen, ihre Emotionen zu teilen, ohne Angst vor Verurteilung oder Abweisung. -
Regelmäßige Gespräche führen
Setzt euch regelmäßig zusammen und sprecht über eure Gefühle und Bedürfnisse. Diese Art von bewusster Kommunikation fördert das gegenseitige Verständnis. Eine gute Methode ist das soganannte "Zwiegespräch". -
Den Partner nicht „reparieren“ wollen
Emotionale Freiheit bedeutet auch, dass du nicht versuchst, die Emotionen deines Partners zu verändern oder zu „reparieren“. Stattdessen geht es darum, zuzuhören und den anderen in seiner emotionalen Realität anzunehmen.
Fazit
Emotionale Freiheit ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfüllte und stabile Beziehung. Es geht nicht darum, alle Herausforderungen und Trigger aus dem Weg zu räumen, sondern darum, wie wir mit ihnen umgehen. Indem wir lernen, uns selbst und unseren Partner in emotionaler Verletzlichkeit zu begegnen, können wir tiefere Verbindungen schaffen und eine Partnerschaft auf Augenhöhe leben.
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